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Die Geschäftsfähigkeit

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Im BGB AT begegnet euch die Geschäftsfähigkeit und wer glaubt da bliebe sie dann auch,der hat weit gefehlt.
Die Geschäftsfähigkeit ist Grundwissen,welches bis zum Staatsexamen immer wieder auftaucht.

Doch zunächst ein paar grundsätzliche Dinge:

Geschäftsfähigkeit bedeutet nichts anderes als die Fähigkeit Rechtsgeschäfte vorzunehmen.Sie tritt mit dem Erreichen des 18. Lebensjahres ein,vor dem 18. Lebensjahr besteht sie entweder als „Geschäftsunfähigkeit“ (§ 104 BGB) oder als „beschränkte Geschäftsfähigkeit“ (§ 106 BGB).

Die Geschäftsunfähigkeit

Geregelt ist die Geschäftsunfähigkeit im § 104 BGB.Darin heisst es im ersten Fall :“Wer das siebente Lebensjahr nicht vollendet hat“,d.h. die Willenserklärung die ein Geschäftsunfähiger abgegeben hat ist nichtig (§ 105 I BGB). Die Fristberechnung wann die Vollendung des siebenten Lebensjahres eintritt richtet sich nach § 187 II S. 2.
Dementsprechend dauert die Geschäftsunfähigkeit bis 0.00 Uhr des Geburtstages an dem der Geschäftsunfähige sieben Jahre alt wird.
Doch Vorsicht: Der § 104 BGB enthält zwei Ausprägungen der Geschäftsunfähigkeit! Es wäre also ein Fehler pauschal von Minderjährigen auszugehen,sondern der Sachverhalt sollte bei Zweifeln noch einmal gelesen werden um sicherzugehen,dass es sich tatsächlich um den 1.Fall des § 104 BGB handelt.
Der Zweite Fall spricht die kniffelige Sache von Personen an,die aufgrund einer geistigen Störung nicht Geschäftsfähig sind.In § 104 heisst im zweiten Satz: „wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.“
§ 104 Nr.2 setzt vorraus,dass die betreffende Person aufgrund eines dauerhaften Zustandes außerstandes ist,ihre Entscheidungen selbst zu treffen. Die Anforderung an die Dauerhaftigkeit dieses Zustandes schliesst damit schonmal solche Störungen aus,die nur vorrübergehend die Geschäftsfähigkeit beeinträchtigen (Volltrunkenheit oder Bewusstlosigkeit z.B.)
Die Rechtsfolge beider Fälle des § 104 BGB ist dieselbe: Die Nichtigkeit.Dieses ergibt sich aus § 105 BGB.
Eine Willenserklärung die einem Geschäftsunfähigen gegenüber abgegeben wird,wird erst dann wirksam wenn sie dem gesetzlichen Vertreter zugeht (vgl. § 131 I BGB).Jedoch ist eine Willenserklärung die jemanden im Zustand der vorübergehenden Geistesstörung (Bewusstlosigkeit, Volltrunkenheit bspw.) gegenüber abgegeben wird,wirksam.

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit

Minderjährige die das siebte Lebensjahr vollendet haben,sind nach § 106 BGB beschränkt Geschäftsfähig.Wie auch für die Geschäftsunfähigen handeln für die beschränkt Geschäftsfähigen die gesetzlichen Vertreter,jedoch können sie in einem bestimmten Rahmen auch selbstständig handeln. Die beschränkte Geschäftsfähigkeit wird in den §§ 106 – 113 BGB geregelt.
So braucht der Minderjährige für Geschäfte die für ihn nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sind,eine Einwilligung des gesetzlichen Vertreters ( § 107 BGB).Einwilligung meint hier die vorherige Zustimmung (gem. § 183 S.1 BGB) des gesetzlichen Vertreters!Die Einwilligung muss sich nicht zwingend auf ein einziges Rechtsgeschäft beziehen,sondern kann auch eine größere Anzahl umfassen.
Nimmt der Minderjährige ein Einwilligungsbedürftiges Geschäft ohne Einwilligung der gesetzlichen Vertreter dennoch vor, so bedarf es der Genehmigung der gesetzlichen Vertreter (§ 184 I BGB). Bis zu dem Zeitpunkt der Genehmigung durch den gesetzlichen Vertreter ist das Geschäft schwebend unwirksam, erteilt der gesetzliche Vertreter die Genehmigung ist das Geschäft von Anfang an als voll wirksam zu betrachten,wird die Genehmigung verweigert ist das Geschäft unwirksam.
Der jeweilige Geschäftspartner kann die gesetzlichen Vertreter auffordern binnen einer Frist von 14 Tagen die Genehmigung zu erteilen (§ 108 II BGB). Er kann natürlich auch das Geschäft widerrufen wenn er z.B. nicht wusste dass sein Geschäftspartner minderjährig ist (§ 109 BGB).

Lediglich rechtlich vorteilhaft

Lediglich rechtlich vorteilhaft sind nur solche Rechtsgeschäfte, die die Rechtsstellung des Minderjährigen ausschließlich verbessern. Dabei kommt es nicht auf einen wirtschaftlichen Vorteil an,sondern einzig und allein auf die rechtliche Stellung des Minderjährigen. Hierbei ist besonders wichtig das Trennungs – und Abstraktionsprinzip einzuhalten.So sind alle gegenseitigen Verträge wie z.B. Miete,Pacht,Werkvertrag nicht lediglich rechtlich vorteilhaft.Auch unentgeltliche Verträge sind nicht lediglich rechtlich vorteílhaft,da der Minderjährige eine Rückgabeverpflichtung oder Schadensersatzverpflichtung eingehen würde.
Erwirbt der Minderjährige lediglich einen Anspruch,wie z.B. bei dem Schenkungsversprechen (sofern dieses ohne Auflagen erfolgt!), ist dieses lediglich rechtlich vorteilhaft.
Verfügungsgeschäfte zugunsten des Minderjährigen sind als rechtlich vorteilhaft zu sehen.Hier kommt das Abstraktionsprinzip zum Tragen,denn: Während der Kaufvertrag an sich nichtig ist,durch die Verpflichtung des Minderjährigen zur Zahlung,ist das Verfügungsgeschäft der Übertragung für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft.
Problematisch wird die Frage des lediglich rechtlichen Vorteils beim Erwerb von Grundstücken,hierbei ist zu unterscheiden von einer Übertragung eines Grundstückes welches mit einem Nießbrauch oder einer Grundschuld belegt ist (rechtlich vorteilhaft) und einem Grundstück welches mit einer Reallast belastet ist (rechtlich nachteilhaft).

Neutrale Rechtsgeschäfte

Auch Indifferente Geschäfte genannt,sind solche die für den Minderjährigen weder rechtlich vorteilhaft noch rechtlich nachteilig sind.Solche Geschäfte kann der Minderjährige selbst wirksam durchführen.

Der Taschengeldparagraph

Natürlich wäre es im Rechtsverkehr für die gesetzlichen Vertreter müßig wirklich jedes Rechtsgeschäft des Minderjährigen erst bewilligen zu müssen. Daher hat der Gesetzgeber den § 110 BGB, den sog. „Taschengeldparagraphen“ aufgenommen.
Demnach kann ein Minderjähriger auch ein rechtlich nachteiliges Geschäft abschliessen, sofern er die Leistung mit Mitteln bewirkt die ihm entweder zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung vom gesetzlichen Vertreter überlassen wurden. Da es sich bei diesen Mitteln häufig um das Taschengeld handelt, hat der § 110 BGB einen so „schönen“ Namen, unter diese Vorschrift fällt allerdings nicht nur das Taschengeld, sondern auch z.B. Lohn aus Ferienjobs die der Minderjährige mit Einwilligung der Eltern angenommen hat.
Wichtig bei der Anwendung des § 110 BGB ist, dass der Minderjährige seiner Leistungspflicht i.S.d. § 362 I BGB bereits nachgekommen sein muss, somit fallen z.B. Ratenzahlungen oder Kreditverpflichtungen für die Zukunft weg. Denn hier hätte er noch nicht bewirkt und würde zudem eine Verpflichtung für die Zukunft eingehen, was dem Schutzgedanken des BGB in Bezug auf die Minderjährigkeit entgegenstehen würde.

Die Deliktsfähigkeit

Von der Geschäftsfähigkeit ist die Deliktsfähigkeit zu unterscheiden. Während es in Fallkonstellationen bei denen der Aspekt der Geschäftsfähigkeit einspielt, lediglich für den Primäranspruch geprüft werden kann, ist die Deliktsfähigkeit im Bereich der Sekundäransprüche bspw. dem Schadensersatz zu prüfen.
Geregelt ist die Deliktsfähigkeit in §§ 827 f. BGB.
Zunächst stellt sich in § 827 BGB die Frage, ob ein deliktisch Handelnder für einen von ihm angerichteten Schaden haftbar gemacht werden und zum zweiten in § 828 BGB unter welchen altersmäßigen Voraussetzungen dieses geschehen kann.

Die Testierfähigkeit

Die Testierfähigkeit ist die Rechtsmacht ein Testament zu errichten. In § 2229 I BGB ist geregelt, dass ein Minderjährigen erst dann ein Testament errichten kann, wenn er das 16. Lebensjahr vollendet hat. Zwar bedeutet dies eine Abweichung vom Minderjährigenschutz, jedoch sieht das Gesetz keinen rechtlichen Nachteil darin wenn der Minderjährige zu Lebzeiten ein Testament errichtet, denn es entstehen ihm hierdurch keine rechtlichen Nachteile. Eine Ausnahme bilden allerdings Personen die in den § 104 Nr.2 BGB fallen, sie sind gem. § 2229 Abs. 4 BGB nicht testierfähig.

Die Erbfähigkeit

Laut § 1923 I ist erbfähig wer zum Zeitpunkt des Erbfalles lebt. Laut § 1923 II BGB dehnt sich dieses auch auf den Nasciturus aus, indem als Erbfähig gilt, wer zum Zeitpunkt des Erbfalles zwar noch nicht geboren aber bereits gezeugt war.
Ein Minderjähriger kann ein Testament erst eröffnen, wenn er das 16. Lebensjahr vollendet hat (§ 2229 Abs. 1 BGB).

Kurzübersicht zur Abgrenzung der Fähigkeiten

  • Geschäftsunfähigkeit (§ 104 BGB) – Zeitraum:0-6 Jahre und dauerhafte, krankhafte Störung der Geistesfähigkeit – Rechtsfolge:Alle Willenserklärungen sind nichtig (§ 105 I BGB), Ausnahme: § 105a BGB.
  • Beschränkte Geschäftsfähigkeit (§§ 106 ff. BGB) – Zeitraum:7-17 Jahre – Rechtsfolge:Abhängig von der Form des Geschäftes (Stichworte: Einwilligung, Genehmigung vom gesetzlichen Vertreter!)
  • Volle Geschäftsfähigkeit (§§ 2,106 BGB)- Zeitraum:ab dem 18. Lebensjahr – Rechtsfolge: Alle Willenserklärungen sind grundsätzlich wirksam

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