Juristischer Gedankensalat

Rund um das Studium der Rechtswissenschaften

Der Koalitionsvertrag und die Juristenausbildung

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Neugierig wie ich bin, habe ich mir das Ziel gesetzt den Koalitionsvertrag unserer neuen „Tigerenten“-Regierung zu lesen. Gut, ich muss zugeben nach ein paar Seiten fühlte ich mich in den „Weichspüler“-Wahlkampf zurück versetzt, sind doch einige viele Zeilen nichts Neues, sondern eher aufpolierte Wahlkampfversprechen.
Aber dann wurde es doch noch spannend, schließlich befinde ich mich auch gerade in der „Juristenausbildung“ und stiess auf diese Zeilen:

Juristenausbildung

Der Bologna-Prozess stellt die Juristenausbildung in Deutschland vor besondere Probleme. Der hohe Qualitätsstandard der Ausbildung, wissenschaftliche Tiefe, thematische Vielfalt und Praxisorientierung müssen auch künftig Maßstab für die Studienabschlüsse sein.

Koalitionsvertrag Zeilen 5060-5065

Gut, nun gibt es die Diskussion um den Bologna-Prozess nicht erst seit Wahlkampf und wie immer gibt es auch verschiedene Meinungen zu dieser Thematik. Mich erinnert dieser Prozess irgendwie an eine berühmte Fast-Food-Kette an der man im Drive-Inn „mal schnell“ was zu essen holen kann.

Da in meinem Studiengang sowohl Bachelor als auch Staatsexamen Studierende sitzen, zeigt sich der Unterschied recht deutlich. Jeden Semesteranfang in den ersten Vorlesungen gibt es die Unterscheidung verbal schonmal serviert. Ansagen wie „Die Bachelor-Listen liegen hier vorne, bitte tragen sie sich ein, damit ich die Liste dann abgeben kann, Staatsexamensstudierende sind nicht zur Eintragung vorgesehen.“ oder auch sehr schön „Könnten sich die Bachelor Leute bitte mal melden?“ Folge dieser Frage war, dass viele Finger in dem doch recht gut besetzten Hörsaal hochgingen und man sich irgendwie wie ein Teil der Minderheit vorkam. Auch die Aufteilung der AG´s ist bei uns noch nicht getrennt, wir machen mit den „Bachelor“- Leuten zusammen AG´s. Wäre nicht weiter schlimm, wenn da nicht die Unterschiede in den Klausuren wären. Während die Bachelor-Leute Fragen-Klausuren bekamen, mussten die „angehenden Volljuristen“ Fälle lösen.
Wenn ich nun im Koalitionsvertrag die Worte lese „stellt die Juristenausbildung in Deutschland vor besondere Probleme.“ frage ich mich welche Ausbildung gemeint ist? Die Bachelor oder die Staatsexamensausbildung?
Denn das sind ja zwei verschiedene Paar Schuhe, nicht nur theoretisch.
Natürlich kommt einem der rein zeitliche Unterschied immens vor, während der Bachelor-Studierende nach sechs Semestern „reif für den Arbeitsmarkt“ ist, hängt unsereins noch immer in der Uni und büffelt für das 1. Staatsexamen. Schenkt man den Befürworten der Bachelor-Juristen-Ausbildung Glauben, dann verdienen die schon Geld wie heu auf dem Arbeitsmarkt, der natürlich eine immens hohe Nachfrage nach Bachelor-Juristen hat, und unsereins kämpft sich da wahrscheinlich gerade durch den Vorbereitungsdienst. Und dann ist unsereins ja noch immer nicht „fertig“, nein wir müssen dann noch das 2.Staatsexamen ablegen und das möglichst gut. Und dann?
Und dann stellt der Bachelor-Jurist fest: „Ich kann ja garnicht alles machen!“ und unsereins ist Volljurist und kann „alles machen“.
Schenkt man den Befürwortern, wie unlängst Roswitha Müller-Piepenkötter zu Ihrer Zeit als Justizminsterin in NRW (2006), Glauben dann ist die Bachelor Ausbildung der Garant für „einen vielseitig einsetzbaren Juristen , dem ein breites Betätigungsfeld offen steht.“.
Glaubt man denen die gegen den Bologna-Prozess sind, wie z.B. Dr. Beate Merk, dann ist das Bachelor-Studium ein „Schmalspurstudium“ und die angebliche Nachfrage nach Bachelor-Juristen wäre so nicht vorhanden.

Was nun wahr ist und was nicht, wird sich zeigen. Ich persönlich glaube ein Bachelor-Studium im Juristischen Bereich bringt nichts. Zudem stellt sich mir die Frage wie denn noch von „Bildung für alle“ die Rede sein kann, wenn zum Master Studium nicht alle zugelassen werden können. Auch erschliesst sich mir nicht was genau denn nun den Bachelor „Moderner“ machen soll als den Volljuristen.
Ein ganz anderes Problem scheint mir aber in den Köpfen unserer späteren Arbeitgeber zu bestehen. Denn, wenn bei denen die Bachelor Ausbildung einen geringeren Stellenwert hat als das Staatsexamen,dann macht es genau das die Bachelor-Master Umstellung der Juristenausbildung überflüssig.
Auch habe ich noch nicht herausbekommen wie es denn aussieht, wenn der Bachelor-Jurist feststellt er möchte nun doch Volljurist werden. Gibt es da dann überhaupt noch eine Möglichkeit die „fehlenden“ zwei Semester, den Vorbereitungsdienst und vor allem das in einigen Bereichen fehlende Wissen wett zu machen?

Auch ich habe vor nicht allzu langer Zeit darüber nachgedacht warum ich eigentlich den längeren Studiengang mit Staatsexamen anstrebe, wenn die Bachelor Leute nicht nur früher im Berufsleben stehen, sondern auch noch so nachgefragt werden. Nach einer kleineren Recherche wurde mir klar: Die angebliche Nachfrage scheint etwas „optimiert“ dargestellt und bei einer Versicherung kann ich auch als Volljurist arbeiten.

Was nun aber die Zeilen im Koalitionsvertrag letztlich sagen sollen, hat sich mir gänzlich noch nicht erschlossen. Aber die „Tigerente“ wird das in den nächsten Jahren sicherlich aufklären.


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