Juristischer Gedankensalat

Rund um das Studium der Rechtswissenschaften

„Ich hab gehört, der RA Xyz hat sich durch´s Examen geschummelt!“ – Üble Nachrede und Verleumdung, §§ 185,186, 187 StGB

| 4 Kommentare

Abgrenzung Beleidigung (siehe hier) , Üble Nachrede und Verleumdung

Im Gegensatz zur Beleidigung bezieht sich die Üble Nachrede auf ehrenrührige Tatsachen über eine Person die gegenüber Dritten geäussert wird. Insofern ist sowohl bei der Üblen Nachrede als auch bei der Verleumdung ein Mehrpersonenverhältnis vorhanden.

Während bei der Beleidigung die Kundgabe der eigenen Missachtung behandelt wird, umfasst die Üble Nachrede und die Verleumdung die Ermöglichung fremder Missachtung.

Bei der Beleidigung werden sowohl Werturteile als auch Tatsachenbehauptungen umfasst, bei der Üblen Nachrede und der Verleumdung nur Tatsachenbehauptungen.

Bei der Üblen Nachrede muss der Täter die ehrenrührige Tatsache lediglich für wahr gehalten haben, bei der Verleumdung muss er sie hingegen positiv gekannt haben.

Die Üble Nachrede

I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) Tatobjekt
Tatobjekt kann jede lebende Person sein, Kollektive fallen unter § 185 StGB.
b) Tathandlung
Tathandlung ist das behaupten oder verbreiten ehrenrühriger Tatsachen in Bezug auf einen anderen.

Behaupten meint etwas nach eigener Überzeugung gegenüber einem Dritten als richtig darstellen.

Verbreiten meint eine Tatsache als Gegenstand fremden Wissens weitergeben, ohne sich diese Tatsache zu eigen zu machen.

Opfer und Empfänger dürfen nicht personengleich sein, sind sie es doch greift § 185 StGB.

§ 186 Hs. 1 StGB – Tatsachen die geignet sind einen anderen verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen

Verächtlich machen meint den Betroffenen als eine Person hinzustellen, die ihren sittlichen Pflichten nicht gerecht wird. Dies betrifft die sittlich-personale Ebene des Ehrbegriffs.

Herabwürdigen beudetet den Ruf des Betroffenen zu schmälern. Dies betrifft die soziale Komponente.

MeinungsstreitNach h.M. reicht die Eignung der Tatsache zum Herabwürdigen aus, auf den tatsächlichen Erfolg kommt es nicht an.

Öffentliche Meinung ist die Meinung eines grösseren, nicht näher bestimmten Kreises.

§ 186 Hs.2 StGB – öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften

Öffentlich ist die Üble Nachrede wenn ein grösserer Kreis von Personen, die nicht in näherer Beziehung zueinander stehen, wahrnehmen kann.

Verbreiten meint die Schriften einem grösseren Personenkreis zugänglich zu machen. Hierbei muss dieser Personenkreis notwendig bestimmbar sein.

Schriften sind auf Dauer angelegte Verkörperungen von gedanklichen Inhalten, durch Buchstaben, Bilder oder andere Zeichen die geeignet sind die Vorstellung eines Sinneszusammenhangs zu ermöglichen. Darunter fallen auch Geheimschriften, Kurzschriften oder Bildschriften.

2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz (Eventual genügt)

Allerdings muss sich der Vorsatz nur auf die Ehrenrührigkeit beziehen, nicht auf deren Unwahrheit.

3. Objektive Bedingung der Strafbarkeit
MeinungsstreitNach h.M. ist die Nichterweislichkeit der Wahrheit der behaupteten Tatsache eine objektive Bedingung der Strafbarkeit.

II. Rechtswidrigkeit und Schuld
Auch hier ist § 193 StGB zu beachten.
III. Antrag nach § 194 StGB

Die Verleumdung

Im Unterschied zur Üblen Nachrede umfasst die Verleumdung auch die Kreditgefährdung des Betroffenen.

I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) Tatobjekt
Tatobjekt kann jede lebende Person sein, Kollektive fallen unter § 185 StGB.
b) Tathandlung

§ 187 Hs. 1 Var. 1 StGB – einen anderen verächtlich machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen

Definitionen s.o.

§ 187 Hs. 1 Var. 2 StGB – dessen Kredit zu gefährden

Kredit ist das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit einer Person.

§ 187 Hs. 2 StGB – die Beleidigung geschah öffentlich oder in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften

Versammlung meint ein Beisammensein von einer grösseren Zahl von Personen. Der Zweck des Beisammenseins darf nicht nur zufällig sein, er muss auch kein politischer sein. Auch eine künstlerische oder wissenschaftliche Veranstaltung fällt unter die Versammlung. Ein Beisammensein zu rein persönlichen Zwecken reicht hingegen nicht aus.

2. Subjektiver Tatbestand

a) Vorsatz (Eventual genügt)

b) Die Tathandlung muss „Wider besseren Wissens“ (positive Kenntnis der Unwahrheit) erfolgen!

 

II. Rechtswidrigkeit und Schuld
Auch hier ist § 193 StGB zu beachten.
III. Antragserfordernis nach § 194 StGB

Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens

I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand

a) Tatobjekt

Tatobjekt kann jede Person sein die im politischen Leben steht. Geschützt wird allerdings nur die Ehre dieser Person um einer Vergiftung des politischen Lebens entgegen zu wirken. Demnach wird zwar die Person an sich geschützt (bzw. ihre Ehre) nicht aber das Amt als solches.

Personen des politischen Lebens sind solche die für eine gewisse Dauer mit politischen Aufgaben, die auch öffentliches Wirken mit sich bringen, betraut ist.

b) Tathandlung

Die Tathandlung ist zu prüfen wie in § 186 Hs. 1 StGB und § 187 Hs. 1 StGB hinzukommt die Prüfung des Punktes der Eignung das öffentliche Wirken des Betroffenen erheblich zu erschweren.

Die Tat ist dann geeignet das öffentliche Wirken erheblich zu erschweren, wenn allein nach ihrem Inhalt und ihrer abstrakten Eignung negative Auswirkungen eintreten können und dabei andere Umstände, den Täter betreffend, unberücksichtigt bleiben sollen. Andere Umstände sind z.B. die Glaubwürdigkeit, die Art der Verbreitung oder die Anzahl der erreichten Personen.
Nach h.M. kommt es nur auf die Eignung der Tat an, nicht auf den Eintritt eines Erfolges.

2. Subjektiver Tatbestand

a) Vorsatz (Eventual genügt)

b) Die Tathandlung muss „Wider besseren Wissens“ (positive Kenntnis der Unwahrheit) erfolgen!

II. Rechtswidrigkeit und Schuld
Auch hier ist § 193 StGB zu beachten.
III. Antragserfordernis nach § 194 StGB

Was ist mit den Politkern, Komikern und Journalisten? Werden die ständig wegen ihrer Äusserungen angezeigt?
Nein.
Im täglichen Leben begegnen uns häufig Beleidigungen, Verleumdungen und Üble Nachrede von Politikern, Kaberttisten und Journalisten. Wer nun denkt diese würden sich durch ihre (berufsbedingten) Äusserungen strafbar machen, sollte den § 193 StGB beachten. Denn diese Berufsgruppen geniessen den Schutz des Art. 5 GG. Natürlich steht auch dem normalen Bürger dieser Grundrechtsschutz zu, zu beachten ist jedoch, dass dieser im privaten Bereich genau abgewogen werden muss.

Literaturtipps: 

Lehrbücher 

  • Joecks, Studienkommentar StGB, § 185 ff.
  • Rengier, Strafrecht Besonderer Teil II, §§ 28, 29
  • Hohmann/Sander, Strafrecht Besonderer Teil II, Kapitel 4 (§§ 14 – 16)
  • Kudlich,  PdW – Strafrecht Besonderer Teil II, S. 93 ff.

Aufsätze 

  • Arloth, Die „beleidigungsfreie Sphäre“ bei Briefen im Strafvollzug, ZIS 3/2010, 263.
  • Brugger, Hassrede, Beleidigung, Volksverhetzung, JA 2006, 687
  • Sehring, Ehrenschutz und Meinungsfreiheit, NJW 1994, 2926

Übungsfälle 

  • Beck, Übungsfall: Der wütende Ex-Freund, ZJS 6/2010, 742
  • Schlüter/Niehaus/ Schröder (Hrsg.), Examensklausurenkurs im Zivil-, Straf- und Öffentlichen Recht, Fall 21 „Scheiden tut weh“, S. 292
  • Beulke, Klausurenkurs im Strafrecht II, Fall 2 „Regentropfen, die ans Fenster klopfen“, S. 30

4 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.