Juristischer Gedankensalat

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„Stein um Stein mauer ich dich ein…“ * Die Aussetzung – § 221 StGB – Ein Schema

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I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) Tatobjekt kann jeder Mensch sein.
b) § 221 Abs. 1 Nr. 1 StGB – Versetzen des Opfers in eine hilflose Lage

Versetzen meint Vornahme einer Zustandsveränderung beim Opfer, deren Folge eine hilflose Lage ist, in der dann das Opfer allein gelassen wird. Dazu ist eine Ortsveränderung nicht erforderlich.

Hilflose Lage ist eine Situation in der sich das Opfer nicht aus eigener Kraft vor einer ihm enstehenden Gefahr schützen kann. Hierbei muss eine konkrete Lebensgefährdung oder aber die konkrete Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bestehen.

Eine Gesundheitsschädigung liegt vor, wenn das Opfer unter einem – vom Normalzustand abweichenden – krankhaften Zustandes körperlicher oder psychischer Art leidet und dieser durch die Tat entweder hervorgerufen oder gesteigert wurde.

Schwer ist die Gesundheitsschädigung, wenn die Gesundheit des Opfers ernstlich, einschneidend und nachhaltig geschädigt wird. Darunter fällt auch eine erhebliche Herabsetzung der Arbeitskraft!

c) § 221 Abs. 1 Nr. 2 StGB – Im-Stich-lassen des Opfers in einer hilflosen Lage

Im-Stich-Lassen meint das Unterlassen der zur Gefahrabwendung gebotenen und nach den Umständen auch möglichen und zumutbaren Hilfeleistung, wodurch eine bestehende Gefahr entweder nicht beseitigt oder aber erhöht wird. Der Täter muss gegenüber dem Opfer eine Obhuts- und Beistandspflicht haben.

MeinungsstreitEs muss jedoch die tatsächlich Möglichkeit und die Zumutbarkeit des Helfens durch den Täter vorhanden sein.
Bei beiden Varianten der Aussetzung muss eine konkrete Lebensgefahr oder eine konkrete Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung eintreten!

Eine schwere Gesundheitsschädigung ist ein physischer oder psychischer Krankheitszustand, der die Gesundheit des Betroffenen ernstlich, einschneidend und nachhaltig beeinträchtigt.

d) § 221 Abs. 2 Nr. 1 StGB – gegen sein Kind oder eine Person, die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist

MeinungsstreitDas Kind des Täters muss nicht sein leibliches sein, darunter fallen auch adoptierte Kinder.

Anvertraut ist eine Person dem Täter wenn zwischen Täter und Opfer ein Obhutsverhältnis besteht. Dieses Obhutsverhältnis muss dem Täter das Recht und die Pflicht auferlegen, die Lebensführung des Opfers und damit auch dessen geistige und soziale Entwicklung zu überwachen und zu leiten. Alternativ muss ein Unterordnungsverhältnis bestehen, dass seiner Natur nach eine gewisse Verantwortung für das Wohl des Schutzbefohlenen umfasst. Dies ist bspw. der Fall bei Erziehern, Geistlichen Betreuungshelfern oder ähnlich gelagerten Obhutsverhältnissen.

e) § 221 Abs. 2 Nr. 2 StGB – durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung des Opfers verursacht

Eine schwere Gesundheitsschädigung ist ein physischer oder psychischer Krankheitszustand, der die Gesundheit des Betroffenen ernstlich, einschneidend und nachhaltig beeinträchtigt.

f) § 221 Abs. 3 StGB – durch die Tat den Tod des Opfers verursacht

Der Tod ist der irreversible und totale Funktionsausfall des Gehirns (Sog. Gehirntod). Dieser muss durch die Tat bzw. deren Ausführung verursacht worden sein.

g) Die Kausalität zwischen zwischen dem Versetzen des Opfers in eine hilflose Lage oder des Im-Stich-lassen des Opfers in einer solchen muss gegeben sein.

2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz (Eventual genügt)

Der Versuch von § 221 Abs. 1 StGB ist nicht strafbar (-> Vergehen!)
Der Versuch von § 221 Abs. 2 und Abs. 3 StgB hingegen ist strafbar (-> Verbrechen!)

II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld

Lesenswertes zu dem Thema:

Ebel, NStZ 2002, 404 Die „hilflose Lage” im Straftatbestand der Aussetzung
Küper, Jura 1994, 513 Aussetzung, Gefährdung
Eisele, JA 2009,698 Nötigung durch Gewalt im Straßenverkehr
Lackner/Kühl, StGB Kommentar § 221
Joecks, Studienkommentar StGB § 221

* Die Textzeile stammt aus dem Titel „Stein um Stein“ der Gruppe Rammstein


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