In der Reihe “Der subsumierte Jurist” geht es zwar auch um Jura, aber andersrum.
Warum sind Juristen Juristen? Und wie sehen sie eigentlich das Studium? Und gibt
es den goldenen Tipp um das Studium zu überleben?
Alexandra Braun ist Rechtsanwältin mit den Schwerpunkten Medizin- und Haftungsrecht und Strafverteidigerin, aus Hamburg.
Sie bloggt über kurioses, komisches und alltägliches aus dem beruflichen Alltag.
Mir hat sie „Rede und Antwort“ gestanden über den strafrechtlichen Alltag, Krimis
und das Jurastudium.
Juristischer-Gedankensalat: Das Strafrecht ist bekanntlich männerdominiert, haben sie es schwerer als Strafrechtlerin?
Alexandra Braun:
Nach meinem Eindruck gibt es keine Probleme für Frauen in diesem
Beruf. Anfängliche Probleme mit bissigen Richtern und schwierigen
Mandanten führe ich auf die Unsicherheit zurück, die man als Berufsanfänger
nun einmal hat.
Im Sexualstrafrecht wünschen sich viele Mandanten sogar eine Frau als
Verteidigerin. Meistens sind in diesem Bereich Richterinnen und
Staatsanwältinnen tätig, es ist dann oft so, dass alle professionellen
Verfahrensbeteiligten Frauen sind. Für männliche Kollegen kann es dann
vielleicht unangenehm werden.
Juristischer-Gedankensalat: Schauen sie sich noch Krimis an?
Alexandra Braun:
Anschauen nicht, da ich keinen Fernseher habe. Ich lese aber mit großer
Begeisterung alle möglichen Krimis. Mein Buchhändler amüsiert sich immer
und fragt mich, ob es denn mit den Verbrechen nicht langsam reicht.
Juristischer-Gedankensalat: Stimmt es eigentlich, dass Strafrechtler ungenießbare Menschen sind?
Alexandra Braun:
Aber nicht doch! Vielleicht bei der Befragung von Belastungszeugen, aber
selbst das erledige ich freundlich und nett. Generell mag ich die Kollegen
aus dem Strafrecht mehr, als beispielsweise reine Zivilanwälte.
Ich bilde mir ein, dass viele Strafverteidiger unkonventioneller sind, als
beispielsweise eine Gesellschaftsrechtler. Natürlich kennen wir auch die
besseren Geschichten und sind daher unterhaltsamer.
Juristischer-Gedankensalat: Für Studenten ist Strafrecht nur interessant mit Blut, Totschlag und Action. Wie sieht der strafrechtliche Alltag aus?
Alexandra Braun:
Mein Alltag beinhaltet viel Kleinkram: Diebstahl, Unfallflucht, Betrug,
Körperverletzung. Natürlich können das auch anspruchsvolle und spannende
Mandate sein.
Ein Mordverfahren mit zwei Verhandlungstagen in der Woche wäre zudem für
mich eine logistische Herausforderung, da die normale Arbeit nebenher ja
auch erledigt werden muss. Ich bin also keineswegs unzufreiden mit den
Alltagsmandaten.
Juristischer-Gedankensalat: War Jura ihre erste Wahl?
Alexandra Braun:
Während der Schulzeit nicht, ich wollte Medizin studieren und habe mich in
letzer Sekunde für Jura entschieden. Eine Freundin studierte in Marburg Jura
und nach langen Gesprächen, Probehören und
Überlegen habe ich mich dann für die Rechtswissenschaften entschieden.
Bereut habe ich das bisher nicht.
Juristischer-Gedankensalat: Sind sie in das berühmte Schwarze Loch irgendwann nach den ersten drei Semestern gefallen?
Alexandra Braun:
Ja! Ich erinnere mich an schreckliche Vorlesungen und grauenvolle
Hausarbeiten. Freude gemacht hat mir eigentlich erst das Referendariat
wieder, die Studienzeit habe ich nicht besonders
genossen.
Juristischer-Gedankensalat: An welchem Punkt haben sie sich entschieden, das zu werden, was sie heute sind?
Alexandra Braun:
Die Entscheidung, Rechtsanwältin werden zu wollen, die habe ich bereits zu
Anfang des Studiums getroffen. Da mir Strafrecht am meisten Spaß gemacht
hat, war auch die Spezialisierung bereits nach ca. vier bis fünf Semestern klar.
Nach dem zweiten Staatsexamen habe ich mich dann unmittelbar
selbstständig gemacht. Eine ganz schön mutige Idee. Mir war damals gar
nicht klar, wie ich zum Beispiel eine Rechnung schreibe.
Juristischer-Gedankensalat: Sehen sie Gerechtigkeit heute anders?
Alexandra Braun:
Mein Gerechtigkeitsgefühl hat sich sicher verändert. Heute entscheide ich
nicht mehr intuitiv, sondern denke gleich an mögliche Fallstricke bei einem
Fall.
Juristischer-Gedankensalat: Halten sie die althergebrachte Juristenausbildung aus ihrer Lebenserfahrung heraus für die richtige?
Alexandra Braun:
Eine schwierige Frage. Mich hat die Ausbildung nicht auf den Anwaltsberuf
vorbereitet, das muss ich klar sagen. Eine Spartenausbildungsmodell ist
durchaus diskutabel, finde ich.
Juristischer-Gedankensalat: Gibt es einen goldenen Tipp, den sie jedem Jurastudenten geben würden?
Alexandra Braun:
Rückblickend kann ich nur dazu raten, früh mit dem Schreiben von Klausuren
anzufangen. Man sollte wirklich jede Möglichkeit wahrnehmen, sich darin zu
üben. Wer den Anwaltsberuf anstrebt, sollte möglichst viele Praktika machen
und sich auch einmal die Arbeit der Angestellten ansehen.
Im Zweifel wird man nämlich zunächst ohne Sekretärin auskommen müssen
und sich dann wundern, wieviel Organisatorisches es zu tun gibt.
Juristischer-Gedankensalat: Erinnern Sie sich noch an ihren ersten Prozess?
Alexandra Braun:
Natürlich! Eine Jugendstrafsache beim Amtsgericht Hamburg-Mitte. Leider
kein Freispruch, das wäre ein guter Start gewesen. Der Mandant musste
einige Sozialstunden ableisten. Zum Glück schlägt mir das Herz heute nicht
mehr bis zum Hals.
Juristischer-Gedankensalat: Haben oder hatten sie Vorbilder?
Alexandra Braun:
Kein bestimmtes Vorbild. Bezüglich der Anwaltstätigkeit schaue ich mir gerne
einmal erfahrenere Kollegen beim Verteidigen kann, da kann man einiges
lernen und sich Anregungen holen.
Juristischer-Gedankensalat: Was machen sie eigentlich wenn sie nicht gerade Strafrechtlerin sind?
Alexandra Braun:
Lesen. Und versuchen, die gesundheitlichen Folgen der sitzenden Tätigkeit
mit Sport zu bekämpfen.
Allerdings lässt mich Strafrecht auch in der Freizeit nicht los: Mein
Lebensgefährte ist Strafverteidider und eine meiner liebsten Freundinnen ist
Strafrechtswissenschaftlerin.
Juristischer-Gedankensalat: Wenn sie für 24 Stunden jemand anderer sein könnten, wer wären sie und warum?
Alexandra Braun:
Puh, eigentlich bleibe ich gerne ich selbst. Vielleicht würde ich für 24 Stunden
einmal in die Haut einer Strafrichterin schlüpfen. Einmal sehen, wie es sich so
anfühlt, vorne zu sitzen und zu entscheiden.
Wahrscheinlich wäre das ein Tag mit lauter Freisprüchen.
Ich danke Alexandra Braun für das Interview 🙂
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