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Grundrechtsmündigkeit

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Auch innerhalb der Grundrechte gelten besondere Bereiche für Minderjährige. Altersgrenzen als solche enthält das Grundgesetz nur in Art. 12a Abs.1 GG und Art. 38 Abs.2 GG. Innerhalb der Grundrechtsmündigkeit und Minderjährigen in Ausübung ihrer Grundrechte werden zwei Möglichkeiten erwogen:

– Die gleitende Altersgrenze. Hierbei wird auf die Einsichts – und Entscheidungsfähigkeit der indivduellen Person abgestellt1.

– Die starre Altersgrenze. Hierbei stellt man auf die Grenzen ab die der Gesetzgeber generell gezogen hat, besonders im Hinblick auf das Zivilrecht2.

In Bezug auf die starre Altersgrenze ist bei Grundrechten die an die menschliche Existenz anknüpfen (Art. 1,2 Abs.2 S.1 und Art. 104 GG) stets die Grundrechtsmündigkeit anzunehmen. Bei Grundrechten die mit der Ausübung von privatrechtlichen Rechtsgeschäften verbunden sind (Art. 12 Abs.1,Art.14 Abs.1 GG) ist die Grundrechtsmündigkeit entsprechend der Altersgrenzen für die Geschäftsfähigkeit im BGB anzunehmen3.

Jedoch vermischen sich innerhalb dieser Problematik drei unterschiedliche Sachprobleme:

1. Das unmittelbare Verhältnis von Minderjährigen zur öffentlichen Gewalt

In der Schule oder im Heim gibt es für eine generelle Einschränkung der Grundrechtsausübung keine normative Grundlage4. Als Beispiel hierzu:

Aus BVerfGE 47,46:

Zu den wesentlichen Entscheidungen im Schulwesen, deren Festlegung jedenfalls in den Grundzügen dem Gesetzgeber vorbehalten sei, gehörten die Bildungs- und Erziehungsziele, dies zumal in einem Bereich wie der hier streitigen Sexualerziehung, die besonders stark das durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte elterliche Erziehungsrecht berühre.

Aus alledem ergibt sich, daß die Sexualerziehung in der Schule in einem ganz besonderen Maße im Spannungsfeld zwischen dem Recht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 GG, dem Persönlichkeitsrecht des Kindes nach Art. 2 Abs. 1 GG und dem in Art. 7 Abs. 1 GG vorausgesetzten Bildungs- und Erziehungsauftrag des Staates steht.“

Denn dass der Jugendschutz in Art. 5 Abs.2,11 Abs.2 und 13 Abs.7 GG ausdrücklich genannt wird, zeigt dass Minderjährige zur Grundrechtsausübung berechtigt und gegen nichtgerechtfertigte Eingriffe geschützt sind.

2. Das Zusammentreffen von Grundrechten Minderjähriger mit dem elterlichen Erziehungsrecht

Das elterliche Erziehungsrecht aus Art. 6 Abs.2 GG kann mit der zunehmenden Selbstständigkeit des Minderjähirgen kollidieren. Der Gesetzgeber muss  aufgrund des Vorbehaltes Gesetzes für solche Konflikte Regelungen treffen.Dabei muss er sowohl den Kindesrechten als auch dem elterlichen Erziehungsrechten gerecht werden und zudem dessen Besonderheiten beachten:

Es handelt sich um ein subjektives Recht der Eltern im Interesse der Kinder. Es enthält einerseits die Entscheidungskompetenz und ist andererseits zeitlich und inhaltlich beschränkt. Zeitlich bis zur Fähigkeit des Kindes zur Selbstbestimmung in der jeweiligen Sachfrage (bspw. Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft), inhaltlich auf die der Erziehung förderlichen Mittel.

3. Die persönliche Geltendmachung von Grundrechten durch Minderjährige im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens und einer Verfassungsbeschwerde

Betroffen ist hierbei die Zulässigkeitsvoraussetzung der Prozessfähigkeit. Für Minderjährige kann nur der gesetzliche Vertreter oder, bei einem Interessenkonflikt zwischen Vertreter und Vertretenem, ein Ergänzungspfleger oder ein Verfahrenspfleger die Prozesshandlungen vornehmen oder den Bevollmächtigten bestimmen.

Aus BVerfGE 99, 145:

„Aus der verfassungsrechtlichen Verankerung des Kindeswohls in Art. 6 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ergibt sich die Pflicht, das Kindeswohl verfahrensrechtlich dadurch zu sichern, daß den Kindern bereits im familiengerichtlichen Verfahren ein Pfleger zur Wahrung ihrer Interessen zur Seite gestellt wird, wenn zu besorgen ist, daß die Interessen der Eltern in einen Konflikt zu denen ihrer Kinder geraten.“

Ist der Minderjährige Beschwerdeführer als reif anzusehen und wird er insbesondere von der Rechtsordnung als reif angesehen, in dem vom Grundrecht geschützten Freiheitsbereich eigenverantwortlich zu handeln, kann er selbst die Prozesshandlungen vornehmen oder einen Bevollmächtigten bestimmen.

Ausführlicher in: Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte Staatsrecht II,31. Auflage, Rn. 143 – Rn. 151.

  1. Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte Staatsrecht II,,31. Auflage, Rn. 144.
  2. Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte Staatsrecht II,,31. Auflage, Rn. 144.
  3. Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte Staatsrecht II,,31. Auflage, Rn. 144.
  4. Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher, Grundrechte Staatsrecht II, ,31. Auflage,Rn. 145.

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