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Basics: Das Arbeitskampfrecht – Streik

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Derzeit ist er aus den Medien nicht wegzudenken und einige erleben ihn selbst: Streik! Die GDL streikt, Verdi streikt und schon stehen Züge und Busse still, Kindergärten bleiben geschlossen und Geldautomaten sind leer. Aber was ist Streik eigentlich?

Streik ist die planmäßig durchgeführte Einstellung der Arbeit durch eine größere Zahl von Arbeitnehmern innerhalb eines Betriebes oder eines Gewerbe- oder Berufszweigs zu einem bestimmten Kampfzweck, verbunden mit dem Willen, die Arbeit wieder fortzusetzen, wenn der Arbeitskampf beendet ist1.

Der Streik ist Teil des Arbeitskampfrechts. Der Arbeitskampf ist ein Kampf, den Arbeitgeber und Arbeitgeberverbände und Arbeitnehmer oder Gewerkschaften gegeneinander um Löhne und sonstige Arbeitsbedingungen führen2. Gesetzlich ist das Arbeitskampfrecht nicht geregelt, es handelt sich hierbei fast ausschließlich um Richterrecht3. Verfassungsrechtlich ist der Arbeitskampf gewährleistet aus der Koalitionsfreiheit – Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG. Aus der Rechtsprechung haben sich folgende Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit eines Arbeitskampfmittels – hier: Streik – entwickelt:

I. Wahrung der Friedenspflicht 

Die Friedenspflicht besteht in zweierlei Hinsicht:

->  Relative Friedenspflicht – Die Parteien eines Tarifvertrages sind verpflichtet während der Vertragsdauer alle Maßnahmen des Arbeitskampfes gegeneinander zu unterlassen4. Die relative Friedenspflicht muss nicht vertraglich vereinbart sein und bezieht sich nur auf die tarifvertraglich geregelten Punkte. Das heisst aber auch: Für nicht geregelte Punkte dürfen die Parteien in den Arbeitskampf treten.

->  Absolute Friedenspflicht – Die absolute Friedenspflicht muss ausdrücklich vertraglich vereinbart werden, denn sie verbietet jeden Arbeitskampf während der Laufzeit eines Tarifvertrages.

II. Tarifvertraglich vereinbartes Ziel 

Da Streik einen bestimmten Kampfzweck hat, nämlich den Abschluss eines Tarifvertrages, muss er auch ein tarifvertraglich regelbares Ziel zum Inhalt haben5. Dies ist auch in § 1 Abs. 1 TVG geregelt. Ausgeschlossen ist somit ein politischer Streik, dieser ist nur nach Art. 20 Abs. 4 GG zulässig.

III. Gewerkschaftliche Organisation 

Weiterhin muss der Streik gewerkschaftlich organisiert sein. Denn diese schließen für die Arbeitnehmer die Tarifverträge ab, vgl. § 2 Abs. 1 TVG. Außerdem sind Gewerkschaften sog. Koalitionen wie in Art. 9 GG genannt.Ihnen ist verfassungsrechtlich garantiert im Wege der Tarifautonomie die Arbeitsentgelte und -bedingungen zu regeln. Daher muss der Streik gewerkschaftlich organisiert sein oder aber von einer Gewerkschaft übernommen werden. Eine Niederlegung der Arbeit durch einzelne Arbeitnehmer ist ein sog. wilder Streik und damit nicht rechtmäßig.

IV. Verhältnismäßigkeit 

Der Streik ist die ultima Ratio. Das heisst bevor gestreikt wird, müssen die Tarif- und Schlichtungsverhandlungen durchgeführt und gescheitert sein. Weiterhin darf der Streik nicht unverhältnismäßig sein, d.h. z.B. Gewalt jeglicher Art darf keine Streikmaßnahme sein, es dürfen keine arbeitswilligen Arbeitnehmer von der Arbeit abgehalten werden u.s.w.. Weiterhin muss gewährleistet sein, dass ein Notdienst für Erhaltungs- oder Notstandsarbeiten vorhanden ist.

Bei einem rechtmäßigen Streik sind die Hauptpflichten des Arbeitsverhältnisses suspendiert. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer von seiner Arbeitspflicht und und der Arbeitgeber von seiner Lohnzahlungspflicht befreit ist.

Historisch gesehen ist der Streik ein probates Mittel um gegenüber dem Arbeitgeber Forderungen durchzusetzen. Oftmals blieb in früheren Zeiten den Arbeitnehmern kein anderes Mittel als die Arbeit niederzulegen um mehr Lohn zu erstreiten oder die Arbeitsbedingungen zu verbessern. So wurden im Laufe der Jahrzehnte nicht nur die Lohnzahlungen höher, die Arbeitsbedingungen besser und die Arbeitszeiten deutlich humaner, auch Gewerkschaften wuchsen.

  1. Creifelds Rechtswörterbuch, S. 1159.
  2. Creifelds Rechtswörterbuch, S. 76.
  3. Vgl. Bspw. BVerfGE 88, 103; BVerfGE 84, 212.
  4. Creifelds Rechtswörterbuch, S. 460.
  5. vgl. BAG, Urteil vom 19.6.1973 – 1 AZR 521/72 -; BVerfGE84, 212 (231).

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